Zwei Bäume

Der Alte spricht: 
ich löse mich.
ich modere.
zerfalle.
in meinem bröckeln-
den körper
wimmelt leben.
saugst du daran
verschenk ich alles.
leben ist
in mir
und um mich,
doch es gehört mir
nicht mehr.
Der Junge spricht:
ich strebe auf.
ich sauge fließe
breite mich.
du schenkst mir
nahrung, deine kraft.
so werd ich stark
und wachse
zum licht empor.
empor will ich!
die pralle kraft
sie strömt in mir.
die pralle kraft
ist meine!
Der Alte lächelt:
so glaubst du jetzt.
so glaubt ich einst.
was kraft du nennst
gehört dir nicht.
doch strebe hoch
und freu dich dran!
erst strebe - und dann sterbe.
erst baue und gestalte,
dann löse und verschenke.
das eine ist ein glück.
das andre eine gnade.
So schließt sich willig
kreis um kreis.
vergehen
lässt
entstehen.

Der Junge:
was faselst du
und redest dir dein sterben schön!
der sieger bin ich!

Strange loops

(inspiriert durch Douglas Hofstadter)

Seltsame Schleifen
Wirbel und Strudel wandern.
Festes ist flüssig.

Seltsame Schleifen
nimmt das Leben.
Es schleift ab es wirbelt rundherum.

Mein Denken mein Fühlen
schleift seltsame Wirbel
in mein fliessendes Leben.

In meinem Hirn wirbelnde Schleifen
die glauben ein Ich zu sein
das über Schleifen nachdenkt.

Neuronen und Netze von Neuronen und Netze von Netzen
und Symbole und Geschichten und Geschichten von Geschichten
und eine Geschichte handelt davon, dass es ein Ich gebe, das diese Buchstaben tippt.

DaswasglaubtdieseWortezuschreibenisteineseltsameSchleife.
DaswasglaubtdieseWortezulesenauch.

Seltsame Schleifen zwischen dir und mir.

Zwischen den Jahren

Dazwischen
liegen diese Nächte.
Im Zwischenreich.

Zwischen Holunderstrauch
Silberpappel, Vogelbeere
Assel und Nachtfalter
Rotkehlchen und Eichelhäher.
Zwischen uns und unsrer Heimat
Altem und Neuem
Zwischen mir und dir
Glut und Nebel
Zwischen allen Wesen allen Welten
Zwischen Jetzt und Ewigkeit

Grenzen werden durchsichtig
in diesen Nächten
dunkel leuchtend.

Es murmeln Bäume
Zaubersprüche
wispern Gräser
vom Leben und Sterben
Es blühen Sterne
unbekümmert in der Kälte
sprechen Tiere
von Lust
und Schmerz
zu leben.

Schafgarbe

Schafgarbe am Weg

Regenschwere Wolken ziehen

Die Blüten leuchten unbekümmert weiß

Blattgefieder

Ich hocke bei dir – Wind fährt durch uns.

Geschwister sind wir, irdische.

Leben zart und kraftvoll

Leben fragil und nicht totzukriegen

So leicht verwundbar, kommt es doch wieder

Hervor, in neuer Gestalt.

Schafgarbe nickend im Wind

Durch ein Loch in den Wolken schaut Licht

Vier Milliarden Jahre Leben

Geschwister sind wir.

 

Gewiss, ich kann denken – du nicht.

Aber in mir wirst du

Geistig.

In dir werde ich

Still.